„Es ist kein einfach verdientes Brot“

Wer in Deutschland nach guten Pfeifenmachern Ausschau hält, der kommt an Holmer Knudsen inzwischen nicht mehr vorbei. Seit neun Jahren baut der Ingenieur für Verfahrenstechnik aus dem norddeutschen Husum Pfeifen. Seit einigen Jahren unter dem eigenen Namen. Dabei ist er eher zufällig zum Pfeifenmacher geworden. Holmer Knudsen traf ich kurz vor Weihnachten bei Pfeifen Heinrichs in Köln. Mit ihm habe ich über den Job des Pfeifenmachers gesprochen. Er hatte Dinge über diesen Beruf zu berichten, die ich so nicht erwartet hätte.Herr Knudsen, Sie stellen Pfeifen her. Wie kommt man dazu, Pfeifenmacher zu werden?

Also, das ist jetzt fast zehn Jahre her. Ich war arbeitslos. Und für mich gab es nur die Alternative nach Süddeutschland zu gehen.

Und das war für Sie keine wirkliche Alternative…

Stimmt. Das hat folgende Geschichte: Ich komme ursprünglich aus Husum, meine Frau habe ich in Lauenburg kennen gelernt. Ganz in der Nähe habe ich dann studiert und meinen ersten Arbeitsplatz gefunden. Die Kinder sind dort zur Schule gegangen. Also sind wir geblieben und haben – auch wenn ich selbst im Herzen Husumer geblieben bin – hier unseren Lebensmittelpunkt gefunden. Süddeutschland ging demnach gar nicht. Über diese Situation habe ich mal mit Heiko Behrens gesprochen, der ein Freund von mir ist und Inhaber von Dan Pipe und Dan Tobacco. Seine Zwillingstöchter und mein Sohn haben 13 Jahre dieselbe Schule besucht. Daher kennen wir uns. Er sagte mir damals: „Mensch, ich kann mir vorstellen, dass du auch Pfeifen machen kannst. Man wird davon nicht reich. Aber wenn man fleißig ist, hat man sein Auskommen.“ Und so habe ich angefangen.

Wie waren die ersten Jahre als Pfeifenmacher?

Ich habe schwere Zeiten hinter mir. Zum Beispiel habe ich eine Zeit lang für eine größere Firma Pfeifen hergestellt. Das Unternehmen war allerdings derart Profit getrieben, dass für den kleinen Pfeifenmacher nicht mehr viel übrig blieb. Ich kam finanziell bei aller Anstrengung auf keinen grünen Zweig. Aber das konnte ich Gott sei Dank ändern. In den letzten anderthalb Jahren habe ich mir einen guten Namen aufbauen können – in Deutschland und auch weltweit.

Würden Sie jungen Menschen den Beruf des Pfeifenmachers empfehlen?

Ich will es mal so sagen: Nach neun Jahren bin ich jetzt gerade an dem Punkt angelangt, wo es Spaß bringt und wo auch etwas hängen bleibt. Ich kann mal durchatmen. Die Jahre vorher waren schon schwierig. Und selbst heute ist es nicht einfach: Meine Frau zum Beispiel muss mitarbeiten, anders geht’s nicht. Und wenn mein Sohn Semesterferien hat, dann hilft auch er aus. Es ist kein einfach verdientes Brot. Ich würde deshalb auch niemandem dazu raten, alles auf diese Karte zu setzen, so wie ich das getan habe. Viele Kollegen betreiben das Pfeifemachen aus diesen Gründen auch gewissermaßen nebenberuflich. Zusätzlich beziehen sie aus irgendeiner anderen beruflichen Tätigkeit, der sie dann halbtags nachgehen, ein festes Grundeinkommen. Ich selbst habe mir den Satz Theodor Sturms, der ja wie ich Husumer war, zur Maxime gemacht: „Man muss sein Leben aus dem Holz schnitzen, das man zur Verfügung hat.“

Was Sie über die Bedingungen des Pfeifemachens sagen, hört sich so an, als müsse man wirklich eine große Leidenschaft für unser Rauchgerät haben, um sich für diesen Beruf zu entscheiden …

… Was die finanzielle Seite angeht, trifft das in vielen Fällen sicherlich zu. Allerdings gibt es auch eine zweite Seite der Medaille. Als Pfeifenmacher kann man erleben, wie man eine Idee mit den eigenen Händen verwirklicht, und man kann selbständig immer wieder neue Ideen entwickeln und umsetzen. Das macht schon großen Spaß. Außerdem ist unsere Branche geprägt von einem sehr persönlichen Umgang miteinander und einer hohen Begeisterung sowohl bei den Kunden als auch bei den Kollegen. Das habe ich so noch in keiner anderen Branche erlebt.

Ähnliche Erfahrungen habe ich als Blogger mit der Branche auch gemacht. Was die andere Seite der Medaille, die finanzielle Situation vieler Pfeifenmacher, betrifft: liegt das vielleicht daran, dass es immer weniger Pfeifenraucher gibt?

Darüber wird ja viel philosophiert. Ich denke, es ist kein Geheimnis, dass viele alte Pfeifenraucher wegsterben und wenige junge nachkommen. Andererseits stellen die jungen inzwischen eine beträchtliche Klientel dar. Ob es nun tatsächlich weniger oder mehr Pfeifenraucher werden, kann ich nicht sagen. Bei mir werden es eigentlich eher mehr. Und es sind viele junge Leute darunter. Aber das liegt vielleicht daran, dass es bei mir jetzt gerade einigermaßen gut läuft. Ob das allgemein so ist und ob das bei mir auch so weitergeht, kann ich nicht sagen.

Lassen Sie mich noch mal auf die Leidenschaft für Pfeifen zurückkommen. Wie war das bei Ihnen? Waren Sie selbst Pfeifenraucher, bevor sie Pfeifen gemacht haben?

Ich denke, viele, die rauchen, haben irgendwann auch mal eine Pfeife ausprobiert. Ich bin eigentlich nicht der klassische Pfeifenraucher. Meine Leidenschaft gehört ganz klar dem Pfeifenmachen. Zwar rauche ich auch mal meine Pfeife, aber doch eher weniger. Ich rauche Selbstgedrehte. Wie übrigens viele andere Pfeifenmacher auch. Former etwa raucht erst jetzt hauptsächlich Pfeife. Früher hat er auch Zigarette geraucht. Und Paul Winslow raucht eigentlich gar nicht. Nur auf Reisen zündet er sich manchmal eine Pfeife an.

Bei mir ist das ähnlich. Ich bin eigentlich Nichtraucher und rauche nur so zwei bis drei Pfeifen die Woche.

Also sind Sie ein richtiger Genussraucher.

Stimmt. Haben Sie denn auch ein Genussritual? Trinken Sie gerne mal einen Wein oder Whiskey?

Whiskey überhaupt nicht. Das ist nicht meine Welt. Ich trinke lieber mal einen guten Rum.  Da gibt es wirklich schöne Sachen.

Das glaube ich. Aber zurück zum Pfeifenmachen. Sie sind Ingenieur für Verfahrenstechnik. Was hat für Sie, wenn sie eine Pfeife machen, die oberste Priorität: die Funktionalität oder die Ästhetik?

Beides muss passen.

Gut. Aber wenn Sie eine Idee für eine originelle Shape haben, diese aber Einbußen bei der Funktionalität der Pfeife mit sich bringen würde…

…das geht gar nicht. Die Funktionalität hat absolute Priorität. Die Pfeife muss einwandfrei funktionieren. Wenn sie nicht funktioniert, schmeckt sie auch nicht. So einfach ist das.

Vielen Dank, Herr Knudsen!

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2 thoughts on “„Es ist kein einfach verdientes Brot“

  1. Sehr geehrter Herr Knudsen,
    Ich habe gestern zwei wunderbare Pfeifen von Ihnen über Herrn Thomas Geißler/Klaus Kleinlagel vermittelt bekommen-ich bin über Ihr handwerkliches Geschick fasziniert!!! Diese werden nicht die letzten sein…
    Einen ganz lieben Gruß sendet Ihnen Dörte Kripp aus Heilbronn, Tabak-Treff, zukünftig le tabac ich habe sie im Tresor eingeschlossen, so wertvoll sind sie für mich!!!!

    • Ich hoffe, ich bekomme weiterhin so wunderschöne Pfeifen von Ihnen! Ich werde sie-auch hier-in Süd-Deutschland verbreiten, Vers prochen. Eine wahre Kunst, Ihr Geschick!!!!

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